Monat: Oktober 2018

Das Beste aus zwei Welten

Vater Ali Al-Dalawi mit seinen Kindern Jwan, Sazan, Hussein und Sozan (Kinder von links nach rechts)

Familie Al-Dalawi feiert das islamische Opferfest in Bruckmühl / Eigene Wohnung ist Wunsch für die Zukunft

 

(August 2018) Der Wunsch nach einer friedlichen Welt verbindet alle Religionen. Im Islam steht Versöhnung und Einigung sowohl in der Familie als auch bei allen anderen Konflikten am Anfang jedes Opferfestes. Bevor sich Verwandte, Freunde und Bekannte an einen Tisch setzen und feiern, werden Probleme angesprochen und gelöst. Außerdem werden Demut und Großzügigkeiten durch Geschenke und Spenden gezeigt. Diese höchste islamische Feier findet jedes Jahr nach der Haddsch, der Wallfahrt nach Mekka, statt und dauert insgesamt vier Tage. In diesem Jahr beginnt das Opferfest am 21. August 2018.

 

Flucht aus der Hoffnungslosigkeit

Die kurdische Familie Al-Dalawi feierte das Opferfest viele Jahre in ihrem Heimatland Irak. Doch in Zeiten jahrelanger Konflikte gerieten die sunnitisch-kurdischen Bewohner, zu denen auch die Al-Dalawis gehören, als Minderheit im Norden des Landes zwischen alle Fronten. Krieg, Zerstörung und täglicher Terror des IS bestimmten den Alltag. Öffentliche Straßen wurden zu gefährlichen Orten, die man nur ungern betrat. Schulen waren entweder zerstört oder geschlossen. Aus Hoffnungslosigkeit und Angst flohen die Al-Dalawis Anfang des Jahres 2016 in Richtung Europa.

Diese Entscheidung war mit Sicherheit keine leichte, denn die Familie war nach der Heirat von Ali und Sairan im Jahr 2003 um sechs Kinder reicher geworden und alle mussten die Flucht gemeinsam antreten. Das jüngste Kind war damals noch nicht einmal ein Jahr alt und musste zusätzlich zu dem wenigen Gepäck komplett getragen werden. Doch selbst diese gefährliche und anstrengende Reise war kein Vergleich zum Alltag im Irak. Die Bilder von Zerstörung und Leid kennen wir hier in Europa glücklicherweise nur aus den Fernsehnachrichten. Freiwillig wohnen mögen dort nur die Wenigsten.

Die Flucht der achtköpfigen Familie endete zunächst in der Turnhalle des Gymnasiums Bruckmühl. Während dieser ersten Zeit lebten sie sich bereits sehr gut in unserer Gemeinde ein. Deshalb waren sie auch sehr froh, in Heufeldmühle eine 4-Zimmer-Wohnung vom Landratsamt zugewiesen zu bekommen. Seit nunmehr 2 Jahren leben sie in Bruckmühl und sie sind in ihrer neuen Welt angekommen. Die großen Kinder gehen in die Heufelder Schule und sprechen selbstverständlich perfekt deutsch. In diesem Alter ist Sprache ein schnell überspringbares Hindernis und der wichtigste Baustein zu neuen Freundschaften. Sohn Hussein und auch die Mädchen Karima, Jwan und Sazan spielen in der Schule begeistert Fußball.

Die Mädchen freuen sich bereits jetzt auf ihren ersten Sommerurlaub überhaupt und sogar ohne Eltern: Im Sommer geht es für eine Woche ins Fußballcamp. Dies wäre im Irak – speziell in den jetzigen Zeiten des IS – völlig undenkbar für Mädchen gewesen. Dieser Urlaub lenkt auch von den „langweiligen“ Sommerferien ab, denn – im Gegensatz zu vielen deutschen Kindern – sagen sowohl der Nachwuchs der Al-Dalwais als auch Mama Sairan einhellig: „Wir lieben die Schule, wir möchten keine Ferien sondern jeden Tag am liebsten lernen!“ Es ist einfach wunderbar zu hören, wie groß der Wille zum Lernen ist.

In der Gemeinschaft das Opferfest genießen

In den diesjährigen Sommerferien steht mit dem Opferfest auch der religiöse Höhepunkt des Jahres – von der Bedeutung her vergleichbar mit dem christlichen Weihnachtsfest – an und auch Erinnerungen an die Heimat werden wieder wach. Der größte Unterschied zwischen dem Leben im Irak und in Bayern ist der familiäre Rückhalt durch die Großfamilie, der hier fehlt. Der erste Tag des Opferfestes wird traditionell im Familienkreis gefeiert und zu früheren Zeiten waren dies leicht mehr als 50 Erwachsene sowie viele Kinder. Doch Gemeinschaft soll auch hier in Bruckmühl nicht zu kurz kommen und so ist ein Festessen mit einer befreundeten Familie aus dem Irak geplant.

Eine neue Wohnung für die Zukunft

Das Opferfest bietet auch die Zeit, sich über das bisher Erreichte zu freuen und Pläne für die Zukunft zu machen. Bei der Familie Al-Dalawi ist Vater Ali kürzlich im Berufsleben „gelandet“ und sehr glücklich über seine Vollzeit-Beschäftigung bei der Wäscherei Kilian. Nach der bestandenen B2-Prüfung des Deutschkurses Anfang dieses Jahres zeigte er durch sehr viel Eigeninitiative seinen Willen, auf eigenen Füßen zu stehen. Für die Wäscherei Kilian ist er als Ausfahrer tätig und bringt die frische Wäsche zu Hotels und anderen Kunden im Umland.

Wünsche für die Zukunft gehören auch zu Feierlichkeiten des Opferfestes und so steht der Traum einer eigenen Wohnung im Vordergrund. Da die jetzige Wohnung vom Landratsamt nicht für anerkannte Flüchtlinge wie die Al-Dalawis gedacht ist, müssen sie dringend eine neue Behausung finden. „Wir wünschen uns eine bezahlbare Wohnung hier in der Nähe, zum Beispiel in Heufeldmühle, Bruckmühl oder Bad Aibling, so dass die Kinder weiterhin in ihre gewohnte Schule und zum Sport gehen können“, so Ali Al-Dalawi. Wie schön wäre es, wenn sich dieser Wunsch bald erfüllen würde.

Ein bunter und informativer Michaelimarkt 2018

Ein bunter und informativer Michaelimarkt 2018
Ein bunter und informativer Michaelimarkt 2018
Ein bunter und informativer Michaelimarkt 2018

Oktober 2018 – Luftballons für die Kleinen, Informationsmaterial für die Großen und Tee für kalte Hände – das alles erwartete die Besucher am Stand der Asylhilfe Bruckmühl zum Michaelimarkt 2018. Bei schönstem Herbstwetter kamen viele Schaulustige zum bunten Treiben hinter dem Rathaus und viele Interessierte blieben auch beim Stand der Asylhilfe stehen. Sie konnten sich unter anderem über die aktuelle Situation der Geflüchteten in der Gemeinde Bruckmühl informieren.

 

Auch hier lebende Geflüchtete waren vor Ort und erzählten gerne, was sie im Alltag bewegt. Bei einer Tasse Tee aus dem Hause Salus – vielen Dank für die Spende – konnte sich also jeder ein persönliches Bild machen, was es bedeutet, in einem fremden Land vollkommen neu anfangen zu müssen und hier heimisch zu werden.